Diese Facharbeit gibt einen Einblick in die möglichen Gefühlszustände einer Person mit multipler Persönlichkeitsstörung. „Ich guckte an mir herunter und dachte: Wer ist das? Ich hatte das Gefühl, ich bin woanders, nicht mehr da." Dieses Zitat einer Betroffenen verdeutlicht die Grundfrage dieses Themas für meine Facharbeit. Was ist das für ein Gefühl, wenn man weiß, dass man nicht „alleine" in seinem Körper ist? Daraus erschloss sich dann für mich auch die Frage: Wie kann man dieses Gefühl und den Fakt, dass man „mehrere" ist, ästhetisch darstellen?

Die Frage nach dem „Wer bin ich?" steht bei den Fotografien im Vordergrund. Ein Spiegel dient dabei als wichtiges Hilfsmittel, um trotz der Tatsache, dass sich eigentlich nur eine einzige Person im Bild befindet, eine weitere „erscheinen" zu lassen. Dadurch entsteht ein Spiel zwischen der Realität, in der die multiple Persönlichkeit nur als einzige gesehen wird und dem „Innenleben" (inneren Zustand), in welchem sich noch weitere, versteckte Persönlichkeiten befinden.

Der fragende, verzweifelte, manchmal sogar ärgerliche Blick, der auf den meisten Bildern dieser Reihe jeweils nur im Spiegel zu erkennen ist, richtet sich somit gleichzeitig auch an die Person im Inneren, welche wieder die Funktion des Spiegels herausstellt. Das Anfassen des Spiegels ist zugleich ein Versuch, die anderen Persönlichkeiten im Inneren „zu greifen" und verdeutlicht die Suche nach der Beantwortung der Frage: Wer bin ich?

Das wichtigste Merkmal der Aquarellfarben ist, dass man sie nicht richtig „lenken" kann, es ist ein gutes Stück Zufall, wie das Wasser in der Farbe verläuft. Somit kann man vorher auch nicht genau planen, wie alles auszusehen hat. Diese Tatsache lässt sich zugleich sehr gut auf die multiple Persönlichkeit beziehen. Die Farben lassen sich ebenso wenig beeinflussen wie das Auftreten der Persönlichkeiten: „Es war nicht steuerbar, von meinem Willen unabhängig! Und ich wusste nicht, was unmittelbar vorher geschehen war. Es war schrecklich", sagte die Patientin von Michaela Huber. Ungewissheit spielt daher in diesem Fall eine große Rolle. Sie spiegelt sich in den nicht immer klar verlaufenden Linien und Farbflecken, sowie der auftretenden Gegensätze innerhalb des Bildes, wie beispielsweise der Verwendung reiner und stark mit Wasser verdünnter Farbe wieder. Die Gefühlszustände der im Bild angedeuteten Person entstehen hier, im Gegensatz zu den Fotografien, nicht durch dargestellte Gesichtsausdrücke, sondern durch die Malweise, beziehungsweise -technik. Da die zu erkennenden Personen nie vollständig dargestellt sind, wirken sie wie zerrissen.

Sarah Grassmé

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